So sieht die Zukunft des Radios aus
 

So sieht die Zukunft des Radios aus

Markus Wache
James Cridland - Medientage 2017 Tag1 am Erste Campus, am 20.09.2017 | (c) Medientage/Wache
James Cridland - Medientage 2017 Tag1 am Erste Campus, am 20.09.2017 | (c) Medientage/Wache

Radio-Zukunftsforscher James Cridland nahm in seiner Keynote mit viel Witz die Zuhörer mit auf eine Reise durch den Statistik-Wald.

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„Radio hat keine Zukunft“ – so eine Fehleinschätzung kann ein Zukunftsforscher für das Thema Radio natürlich nicht unerwähnt lassen. James Cridland, gebürtiger Brite und jetzt Wahl-Australier, führte in seiner Keynote zum Thema „Live - or on-demand? What is the future for radio?“ aber auch gleich die anderen Prognosen des berühmten Physikers Lord Kelvin an: „Flugzeuge seien unmöglich und Röntgenstrahlen würden sich als Schwindel erweisen.“ Angesichts solcher Vorhersagen würden seine britischen Landsleute gar nichts mehr glauben, scherzte Cridland und verwies augenzwinkernd auf die Politiker Boris Johnson und Theresa May. Cridland, der auf langjährige Erfahrung mit dem Medium Radio verweisen kann (u.a. für Virgin Radio und BBC), definierte Radio als „geteilte Erfahrung mit menschlicher Verbindung“ und damit mehr als nur UKW oder Mittelwelle. Podcast und Radio-on-demand seien immer noch Radio, nur auf anderer Plattform. „Viele Dinge hätten kürzlich den Radio Star gekillt“, meinte der Zukunftsforscher in Anspielung auf den Hit der Pop-Gruppe „Buggles“ und zählte anhand von Schlagzeilen auf: spotify, Vine („Erinnert sich noch jemand an Vine?“) und sogar Norwegen. Radio sei immer noch ein riesiger, lebendiger Faktor, sagte Cridland und verwies auf eine Statistik aus seinem australischen Wahl-Heimatort Brisbane, wonach 94,8 Prozent der Einwohner zumindest einmal in der Woche Live-Radio einschalten würden. In den USA sei Radio populärer als TV. Nur sehe Radio heute anders aus, wie auch ein Tweet von Radiocentre zum „Emoji Day“ verdeutliche: Mit der Feststellung, dass Radio sehr wohl eine Zukunft habe, ging es an die Frage: „Wie könnte diese aussehen?“. Live oder on-demand?. Anhand einer Fülle von Statistiken bereitete James Cridland sein Fazit vor: 92 Prozent der über 55-Jährigen im UK würden Live-Radio hören, bei der jüngeren Generation seien es dagegen nur 60 Prozent, hier gebe es auch viele Marktanteile für spotify und Co. In den USA sei die Nutzung von live übertragenem Radio von 2016 auf 2017 um fast sieben Prozent zurückgegangen. Ist die Zukunft also on-demand? Bei den Smart Speakern sei Live Radio sehr gefragt: In Großbritannien würden 67 Prozent über Amazon Echo Live-Radio hören. Ist die Zukunft also live? 2014 habe jeder Nutzer durchschnittlich sieben Podcasts abonniert, 2017 waren es bereits 24 abonnierte Podcasts. Ist die Zukunft on-demand? In den USA verdiente man an einem einzelnen Podcast-Hörer 3 Euro-Cent pro Monat, während man in Großbritannien an einem Live-Radio-Hörer 16 Euro im Monat. Ist die Radio-Zukunft also live? Für die Antwort sei eines jedenfalls entscheidend: Radio müsse einfach und leicht bedienbar sein. Als Beispiel führte Cridland die österreichische Radioplayer-App an. Überhaupt sei die Zukunft eng mit dem Thema Smartphone verbunden. Dort teile sich die Audio-Zeit folgendermaßen auf: 32 Prozent seien on-demand-services, 28% eigene Tracks und 23 Prozent Live-Radio. Cridlands Fazit lautete daher: Wer eine Radio-App baue, möge nicht nur etwas für die Ohren schaffen, sondern auch für Augen und Finger. Außerdem solle der Fokus auf on-demand-content erneuert werden. Die Strategie: Radio-Station solle auf die Lautsprecher (gleich Live-Radio) kommen, Content auf die Köpfhörer (gleich on-demand). Die Programmierung sollte tollen stand-alone-content in kurzer Form im Fokus haben, der sowohl on-air als auch online funktioniere. Und die Zukunft des Radios sieht in der Folge laut Cridland so aus: on-demand UND online.



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